Drehen wir die Zeit einige Jahrtausende zurück und wagen wir einen Blick in den Götterhimmel der griechisch-antiken Kultur. Neben den berühmten Göttern Zeus, Hera, Poseidon, Hades und anderen mehr, die auf dem Olymp residieren und die man heute noch gut kennt, versammelt die griechische Mythologie auch zahlreiche andere Himmelsgestalten, beispielsweise Hypnos, der gemeinhin als der Gott des Schlafes gilt. Er ist der Bruder des Thanatos, der den Tod darstellt, und wurde von Nyx, der Nacht, geboren. Da Hypnos die Fähigkeit zugesprochen wurde, Götter und Menschen in Tiefschlaf zu versetzen, wurde von seinem Namen der Begriff Hypnose abgeleitet. Einer Legende zufolge verliebte Hypnos sich in den Jüngling Endymion wegen dessen schöner Augen. Um diese allzeit bewundern zu können, verzauberte Hypnos den Schlafenden, sodass seine Augen auch im Schlaf geöffnet bleiben würden. Es war ihm sogar gelungen, den Göttervater Zeus zweimal in Tiefschlaf zu versetzen.
Guter Schlaf ist unverzichtbar
Einen Besuch dieses antiken Gottes wünschen sich wohl auch heute viele Menschen. Denn ein gesegneter Schlaf ist einer wachsenden Anzahl der Deutschen nicht mehr vergönnt. In der Gesundheitsberichterstattung des Bundes zum Thema „Schlafstörungen“ (Heft 27) heißt es: „Schlafstörungen gehören zu den häufigsten gesundheitlichen Beschwerden in der Bevölkerung. Umfragen zufolge leiden ca. 25% der Erwachsenen an Schlafstörungen, und über 10% erleben ihren Schlaf häufig oder dauerhaft als nicht erholsam.“ Das ist hochproblematisch, denn „Schlaf ist unverzichtbar und er ist eine wesentliche Voraussetzung für Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Die optimale Dauer für einen erholsamen Nachtschlaf ist individuell verschieden und liegt in Deutschland laut einer Umfrage im Mittel bei 7 Stunden und 14 Minuten. Ein objektiv verbindliches Maß gibt es nicht. Alte Menschen schlafen im Allgemeinen nicht weniger, sondern ihr Schlaf ist durch weniger Tiefschlaf charakterisiert. Gemäß einer britischen Untersuchung an einer Gruppe von 400 Erwachsenen haben Frauen ab einem mittleren Alter von 35 Jahren mit sieben Stunden und 34 Minuten eine um 45 Minuten längere Schlafdauer als Männer. Derselben Untersuchung nach vermindert sich bei den Frauen ab dem fünfzigsten Lebensjahr die Schlafdauer um eine halbe Stunde, während die Verminderung der Schlafdauer bei Männern derselben Altersgruppe demgegenüber 5 Minuten beträgt, sodass sich im höheren Alter die Schlafdauer für beide Geschlechter auf circa 7 Stunden angleicht.“
Die Risiken von Schlafproblemen sind vielfältig
Jetzt muss aber niemand gleich in Panik verfallen. Denn die Ursachen für Schlafstörungen sind laut der Studie „Schlafstörungen“ des Bundes vielfältig, doch nur bei einem vergleichsweise geringen Anteil derjenigen, die über Schlafstörungen oder über nicht erholsamen Schlaf klagen, liegen spezifische schlafmedizinische Erkrankungen vor. Das bedeutet: „Den meisten Betroffenen kann ohne apparativen Aufwand effektiv geholfen werden. Durch gezielte Befragung lassen sich Schlafstörungen identifizieren, die ihre Ursache in Verhaltensweisen haben, die den Schlaf-Wach-Rhythmus oder den erholsamen Nachtschlaf stören oder die auf der Einnahme von schlafbeeinträchtigenden Substanzen beruhen. Auch psychiatrische oder organische Erkrankungen können Schlafstörungen verursachen. Nur bei einem geringen Teil der Betroffenen ist eine Untersuchung im Schlaflabor erforderlich – nach Schätzungen der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) bei etwa einem Prozent der Gesamtbevölkerung.“
Die Risiken von Schlafschwierigkeiten sind vielfältig. Bleiben sie unversorgt oder werden sie nicht adäquat versorgt, so verursacht dies neben dem Leid der Betroffenen laut dem Gesundheitsbericht häufig auch hohe gesellschaftliche Kosten, beispielsweise durch Unfälle, Leistungseinschränkung, Krankschreibung und Frühverrentung. Nicht erholsamer Schlaf könne ursächlich sein für Produktionsfehler, für Fehler bei Steuer- und Überwachungstätigkeiten und für das Einschlafen am Steuer von Kraftfahrzeugen. Schlafstörungen und schlafmedizinische Erkrankungen hinderten Betroffene daran, ihre privaten, sozialen, schulischen und beruflichen Ziele zu erreichen. Damit gingen die Folgen von Schlafstörungen weit über das Niveau subjektiv geäußerter Beschwerden wie Schlaflosigkeit, vermehrte Schläfrigkeit oder Müdigkeit hinaus. Daher lautet die Devise: „Werden Schlafstörungen und schlafmedizinische Erkrankungen frühzeitig richtig erkannt, so bestehen heute gute Erfolgsaussichten für eine ursachengerichtete Prävention, Behandlung und Rehabilitation.“
Digitalisierung bekämpft Schlafschwierigkeiten
Neben zahlreichen natürlichen Substanzen wie Baldrian, Melisse und CBD, eine Substanz aus der Cannabispflanze, die dabei helfen können, beste Voraussetzung für einen normalen und erholsamen Schlaf zu schaffen, werden auch technische Lösungen forciert. Die Investmentbank Bryan, Garnier & Co prophezeit in einem Dokument, das „Handelsblatt Inside“ vorliegt, einen Trend: digitale Anwendungen für den gesunden Schlaf. Nutzer hätten ein immer größeres Interesse daran, ihr Schlafverhalten zu messen und Methoden wie Meditation anzuwenden. Übrigens: Schlechter Schlaf schadet nachweislich nicht nur dem Einzelnen, es erhöht auch die Ausgaben des Gesundheitssystems. Insgesamt kosten Schlafstörungen das US-Gesundheitssystem 335 Milliarden Euro im Jahr, schreibt die Investmentbank Bryan, Garnier & Co in ihrem Bericht.
Viele Unternehmen befassen sich mittlerweile mit der Digitalisierung dieser Problematik, berichtet „Handelsblatt Inside“. Dazu gehören Livongo, Omada Health, Big Health oder Calm: Diese Unternehmen bieten digitale Therapieangebote für Menschen mit Schlafstörungen an, in denen ihr Schlaf neben Ernährung und Fitness besonders berücksichtigt wird. Big Health bietet Nutzern in der App Sleepio ein Schlafverbesserungsprogramm an, das auf Methoden aus der kognitiven Verhaltenstherapie basiert. Im vergangenen Juni sammelte das Unternehmen 33 Millionen Euro in einer Serie-B-Finanzierungsrunde ein. Mithilfe der App Calm sollen Betroffene durch Atemübungen und Meditation besser einschlafen können. Das Start-up hat vor Kurzem ebenfalls eine Serie-B-Finanzierungsrunde in Höhe von 74 Millionen Euro abgeschlossen, heißt es in einem Artikel.
Empfehlungen für besseren Schlaf aus der App
Die App des auf Diabetes-Patienten spezialisierten Healthtech-Startup Livongo wiederum richtet sich laut der Wirtschaftszeitung an Diabetiker, Übergewichtige und Menschen, die unter Bluthochdruck leiden. Mit einem vernetzen Medizingerät werde der Blutzuckerspiegel eines Nutzers permanent gemessen. In der App werden ihm Empfehlungen gesendet: „Trink ein Glas Wasser, geh eine Runde spazieren oder lege dich demnächst schlafen.“ Das solle Patienten nach Angaben des Unternehmens ermöglichen, ihre Krankheit zu kontrollieren. Auch hier werde dem Schlafverhalten eines Nutzers eine besondere Bedeutung beigemessen. Bereits in der Prediabetesphase verschiebe sich die Tiefschlafphase von Betroffenen. Zudem könnten Diabetes-Patienten Atemstillstände während des Schlafens erleiden, weil die oberen Atemwege zufallen.
Livongo-Gründer Glen Tullman sagt dazu beim Portal „Gründerszene“: Livongo gibt dem Patienten die Kontrolle über seine Krankheit zurück. [...] Livongo ist ein vernetztes Messgerät. Jedes Mal, wenn der Nutzer seinen Blutzuckerspiegel misst, bekommen wir diese Information. […] Wir beschränken uns auf kleine Informationshäppchen (nuggets). Vielleicht sagen wir: Tagsüber war dein Blutzucker etwas hoch. Trinke zwei Gläser Wasser und gehe fünf Minuten spazieren. Währenddessen sinkt der Blutzuckerspiegel wieder. Wir bemühen uns immer, Empfehlungen zu geben und Einsichten zu teilen, was die Nutzer aktuell machen können.“
Die Möglichkeiten, schlechtem Schlaf Herr zu werden und nachts die Kraft für die Herausforderungen des neuen Tages zu meistern, steigen also. Betroffene sollten sich daher nicht scheuen, diese Angebote auch wirklich anzunehmen, um dauerhaft fit, erholt und gesund zu bleiben
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